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Elektronen bei der Arbeit filmen

Neues, patentiertes Verfahren zur zeitaufgelösten Aufnahme dynamischer Prozesse beruht auf dem Ein- und Ausschalten von Interferenzmustern.


Physiker am Institut für Optik und Atomare Physik haben ein neues Verfahren entwickelt, dass es ermöglicht, bewegte Bilder von periodisch ablaufenden Prozessen im Transmissionselektronenmikroskop (TEM) aufzunehmen. Solche Prozesse sind zum Beispiel Schaltvorgänge in modernen elektronischen Bauelementen, den sogenannten Halbleiternanostrukturen. Bislang waren tiefere „Einblicke“ in derartige Prozesse nicht möglich.

Das Neue an dem von Dr. Tolga Wagner unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Lehmann entwickelten Verfahren besteht darin, dass es den Wissenschaftlern gelang, eine völlig neuartige mittlerweile patentierte Shutter- oder Verschlusstechnik zu erfinden [1], um „Dreharbeiten“ im TEM zu ermöglichen oder anders ausgedrückt, um Elektronen im Inneren einer Probe „bei der Arbeit zu filmen”. Dies kommt dem Entschlüsseln grundlegender physikalischer Prozesse wie der Ladungsträgerdynamik in Halbleiternanostrukturen zugute.

„In der Elektronenmikroskopie wird immer versucht, die Messbedingungen so stabil wie möglich zu halten”, sagt Dr. Tolga Wagner. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskope sind sehr anfällig gegenüber äußeren Störungen wie Vibrationen, thermischen Instabilitäten oder elektromagnetischen Feldschwankungen. Das gilt noch einmal besonders für die Elektronenholographie. Sie liefert nur Informationen, zum Beispiel über die Potentialverteilung innerhalb einer Probe, wenn es zur Interferenz, also zur Überlagerung von zwei kohärenten Elektronenwellen kommt, sodass ein Interferenzmuster, das Elektronenhologramm, aufgenommen werden kann. Hierfür ist die „Stabilität“ der Elektronenwellen zueinander Voraussetzung.

Anstatt aber die Messbedingungen möglichst stabil zu halten, stören Dr. Tolga Wagner und seine Kollegen die Messung bewusst und lassen die Interferenz nur für einen kurzen Zeitraum zu. Die auf diese Weise generierte Information stammt ausschließlich aus dem Zeitraum, in dem es zur Interferenz kam. Zum einen kann dieser Zeitraum (nahezu) beliebig klein gewählt werden – Zeitauflösungen im Pikosekunden-Bereich (ein Millionstel eines Wimpernschlags) sind mit überschaubarem Aufwand realisierbar. Zum anderen ist der Aufwand, die Interferenz zu unterdrücken, aufgrund der hohen Sensitivität des Aufbaus hinsichtlich äußerer Störungen gering. „Die Grundidee unseres neuen Verfahrens besteht darin, dass wir die Interferenz durch gezielte Störungen sehr schnell ein- und ausschalten. Das ist das Prinzip unserer Verschlusstechnik, die wir aus diesem Grund ‚interference gating‘, also Interferenz-Gatter getauft haben“, erklärt Dr. Tolga Wagner. Durch die Position und die Breite des „Gatters“ selbst wird bestimmt, wann und wie lange Information aufgenommen wird. Mit diesem Verfahren gelang es den TU-Physikern, die Zeitauflösung des Transmissionselektronenmikroskops, das auf dem TU-Campus in Berlin-Charlottenburg steht und eigens für die Forschung an der Elektronenholographie optimiert wurde, vom Sekundenbereich auf 25 Nanosekunden [2] zu erhöhen. Auf diesen Zeitskalen spielen sich unter anderem elektronische Prozesse in Halbleitern ab. „Mit der von uns entwickelten zeitaufgelösten Elektronenholographie ist es nun möglich, Potentialänderungen aufgrund der Bewegung der Elektronen auf ihrem Weg durch Halbleiter, die nur einige Nanometer (ein Millionstel Millimeter) klein sind, zu filmen”, so Dr. Tolga Wagner.

[1] Michael Lehmann, Tore Niermann and Tolga Wagner. „METHOD AND APPARATUS FOR CARRYING OUT A TIME-RESOLVED INTERFEROMETRIC MEASUREMENT.“, Publication number: EP3376522A1; TW201833521A; US2020103213A1; WO2018166786A1 (2018).
https://patentimages.storage.googleapis.com/3f/99/6a/e600762da71959/US20200103213A1.pdf
[2] Tolga Wagner, Tore Niermann, Felix Urban and Michael Lehmann. „Nanosecond electron holography by interference gating.“ Ultramicroscopy 206 (2019): 112824.
https://doi.org/10.1016/j.ultramic.2019.112824

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:

Dr. Tolga Wagner
TU Berlin
Fachgebiet Experimentalphysik / Elektronen- und Ionen-Nanooptik
Tel.: 030 314-24428
E-Mail: tolga.wagner@tu-berlin.de


Technische Universität Berlin
10587 Berlin
Deutschland


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