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Qualitätssicherung ohne Zeitverlust: Walzenpresse mit PAT-Interface überwacht Partikelgröße von kontinuierlich produziertem Granulat in Echtzeit

Inline-Messtechnik in der Pharma-, Chemie- und Lebensmittelbranche - Anlagenbauer und Messtechnikspezialist entwickeln PAT-Lösungen für das Continuous Manufacturing in F&E-Kooperation

Granulate sind die Grundlage zahlreicher Produkte im Bereich Pharma und Food; sie unterliegen strengsten Qualitätsanforderungen. (Quelle: Mizianitka / Pixabay.com)
Granulate sind die Grundlage zahlreicher Produkte im Bereich Pharma und Food; sie unterliegen strengsten Qualitätsanforderungen. (Quelle: Mizianitka / Pixabay.com)
Auf Basis zahlreicher Testreihen und Optimierungen bei der Messtechnik konnte eine marktreife Walzenpresse zur Trockengranulierung mit integriertem Diagnose-Tool entwickelt werden.  (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
Auf Basis zahlreicher Testreihen und Optimierungen bei der Messtechnik konnte eine marktreife Walzenpresse zur Trockengranulierung mit integriertem Diagnose-Tool entwickelt werden. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
Walzenpresse WP120 mit installierter Inline-Partikelsonde IPP 75-S. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
Walzenpresse WP120 mit installierter Inline-Partikelsonde IPP 75-S. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
Damit für die Qualitätssicherung keine manuellen Stichproben mehr entnommen und offline analysiert werden müssen, sondern alle Messungen und Analysen bereits inline und in Echtzeit durchführbar sind, verfügt die Inline-Partikelsonde über ein neu entwickeltes Prozess-Interface zur repräsentativen Messung. (Quelle: Parsum GmbH)
Damit für die Qualitätssicherung keine manuellen Stichproben mehr entnommen und offline analysiert werden müssen, sondern alle Messungen und Analysen bereits inline und in Echtzeit durchführbar sind, verfügt die Inline-Partikelsonde über ein neu entwickeltes Prozess-Interface zur repräsentativen Messung. (Quelle: Parsum GmbH)
Die Maschinensteuerung (hier zu sehen ein Bildschirmplot) zeigt den zeitlichen Verlauf verschiedener exemplarischer Werte wie die eingestellte Presskraft in Rot, den resultierenden X10 der Partikelgrößenverteilung in Grün und die resultierende virtuelle Siebfraktion 0-125 μm in Blau. Deutlich zu erkennen ist eine Änderung des Verhältnisses zwischen Granulat- und Feinanteil, die etwa mit einer geringen Zeitverzögerung von circa 60 Sekunden abgebildet werden kann. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
Die Maschinensteuerung (hier zu sehen ein Bildschirmplot) zeigt den zeitlichen Verlauf verschiedener exemplarischer Werte wie die eingestellte Presskraft in Rot, den resultierenden X10 der Partikelgrößenverteilung in Grün und die resultierende virtuelle Siebfraktion 0-125 μm in Blau. Deutlich zu erkennen ist eine Änderung des Verhältnisses zwischen Granulat- und Feinanteil, die etwa mit einer geringen Zeitverzögerung von circa 60 Sekunden abgebildet werden kann. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
„In der Maschinensteuerung werden alle relevanten Maschinenparameter, wie Presskraft, Walzenspalt und Walzengeschwindigkeit, zusammengeführt und die Ist- und Soll-Werte aufgezeichnet. Darüber hinaus wird jetzt auch die Partikelgrößenverteilung erfasst. Die gemessenen Werte werden sowohl in Echtzeit grafisch aufbereitet als auch im Batch-Protokoll gespeichert“, erklärt Marcus Weidemann, Ingenieur für Verfahrenstechnik bei der Alexanderwerk GmbH. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)
„In der Maschinensteuerung werden alle relevanten Maschinenparameter, wie Presskraft, Walzenspalt und Walzengeschwindigkeit, zusammengeführt und die Ist- und Soll-Werte aufgezeichnet. Darüber hinaus wird jetzt auch die Partikelgrößenverteilung erfasst. Die gemessenen Werte werden sowohl in Echtzeit grafisch aufbereitet als auch im Batch-Protokoll gespeichert“, erklärt Marcus Weidemann, Ingenieur für Verfahrenstechnik bei der Alexanderwerk GmbH. (Quelle: Alexanderwerk GmbH)

Die Qualität vieler End- und Zwischenprodukte in Chemie, Pharma und Food wird bisher durch aufwändige Laboranalysen festgestellt. Die Produktqualität wird so lediglich nachträglich bewertet. Das bringt große zeitliche Verzögerungen bei der Freigabe von produzierten Chargen mit sich und kann zur Produktion von off-spec-Material führen, ohne dass es während der Fertigung bemerkt wird. Die Vorteile kontinuierlicher Produktionsverfahren kann man dadurch nicht vollständig ausnutzen.

Eine neue Lösung für die kontinuierliche Trocken-Granulierung haben die Alexanderwerk GmbH und die Parsum GmbH in einem kürzlich abgeschlossenen gemeinsamen Forschungsprojekt entwickelt. Es wurden dabei eine PAT-Lösung und ein Prozess-Interface zur Inline-Messung der Partikelgrößenverteilung an einer Walzenpresse entwickelt und zur Einsatzreife gebracht.  Damit wird die kontinuierliche Überwachung der Produktqualität in Echtzeit realisiert. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Hamburg (TUHH) konnten Parsum und Alexanderwerk so einen entscheidenden Schritt in Richtung hin zu einer effizient kontrollierten kontinuierlichen Granulierung gehen.

Die Herstellung von Granulaten als Basis für chemische oder pharmazeutische Produkte erfolgt bisher häufig im diskontinuierlichen Batch-Verfahren. Insbesondere in der pharmazeutischen Industrie wird diese Vorgehensweise auch auf Walzenpressen übertragen, um die Nachverfolgbarkeit einer Produktionscharge zu gewährleisten. Gleichzeitig bedeutet das einen hohen Zusatzaufwand für die Unternehmen. „Die Anlagen müssen nach jeder abgearbeiteten Charge demontiert, gereinigt und neu montiert werden“, erklärt Marcus Weidemann, Ingenieur für Verfahrenstechnik bei der Alexanderwerk GmbH. „Dies erhöht die Stillstandszeiten der Maschinen und führt in der Folge zu einem Anstieg der Produktionskosten.“ Außerdem müssen Mitarbeiter mehrmals pro Charge manuell Stichproben entnehmen und diese im Labor analysieren. Da die Ergebnisse meist nach dem Abschluss eines Produktionszyklus vorliegen, können Prozessparameter bei festgestellten Qualitätsmängeln erst für die folgende Charge angepasst werden, während die bereits produzierte Menge in vielen Fällen komplett verworfen werden muss.

Um die Prozesstechnik der Walzenpressen mit den entsprechenden Messinstrumenten und der dazugehörigen Steuerungstechnik auf das Continuous Manufacturing auszulegen, erarbeiteten Parsum und Alexanderwerk in einem gemeinsamen Entwicklungsprojekt eine Lösung. Denn dieser Produktionsansatz bietet gegenüber dem Batch-Verfahren zahlreiche Vorteile: „Im Idealfall überwacht die eingesetzte Messtechnik nicht nur kritische Qualitätsattribute (critical quality attribute – cqa) in Echtzeit, sondern liefert die Ist-Werte, um bei Abweichungen automatisch gegenzusteuern“, erläutert Stefan Dietrich, Geschäftsführer der Parsum GmbH. „In der Folge muss die Produktion nicht mehr zur Neujustierung von Parametern unterbrochen werden. Die Anlagenverfügbarkeit sowie die Engmaschigkeit der Qualitätskontrolle wird deutlich erhöht, was sowohl die Produktqualität verbessert als auch die Herstellungskosten senkt.“

Von der Laboranalyse zu Inline-Messungen

Die praktische Umsetzung eines PAT-Konzepts (Process Analytical Technology) stellte bei der Trockengranulierung eine große Herausforderung dar. Denn während sich maschinenseitige Prozessparameter, wie etwa die Geschwindigkeit der Förderschnecke, die Walzendrehzahl und die Walzenpresskraft bereits online erfassen lassen, war die Überprüfung der Partikelgrößenverteilung, einer wichtigen Prozessgröße für das verarbeitete Material, bisher nur offline möglich. Grund dafür war das Fehlen einer geeigneten Kombination von Probennahmeeinrichtung (Prozess-Interface) und Messtechnik für diesen Prozess. „Kurz gesagt wird in einer Walzenpresse das sehr lose, pulverförmige Ausgangsmaterial zunächst durch mechanischen Druck zwischen zwei gegenläufig drehenden Walzen zu einem kontinuierlichen festen Band, der Schülpe, verpresst. Anschließend wird dies in einer Siebmühle, genannt Rotor-Fein-Granulator (RFG), zerkleinert, wodurch als Endprodukt kompaktes Granulat mit definierter Partikelgrößenverteilung entsteht“, erklärt Weidemann. Die Herausforderung bei der Messung ist, dass das produzierte Granulat nicht aus homogenen Partikeln besteht, sondern aus Partikeln, deren Größe innerhalb einer Probe von sehr feinen bis groben Partikeln reicht.

„Relevant für die Messungen sind die beiden entstehenden Fraktionen: der Feinanteil und der Granulatanteil. Es handelt sich dabei um eine bimodale Verteilung der Partikelgröße“, berichtet Dietrich. In der Vergangenheit wurden verschiedene Messsonden und Dispergierer getestet, die sich bereits bei anderen Granulierverfahren bewährt hatten, zum Beispiel in der Wirbelschicht- oder High-Shear-Granulierung. Im speziellen Fall des Kompaktierprozesses unterschieden sich die Inline- Messergebnisse aber oft deutlich von denjenigen der Stichproben, die offline im Labor analysiert wurden.

Gemeinsames Forschungsprojekt von Alexanderwerk, Parsum und der TUHH treibt Continuous Manufacturing voran

Parsum und Alexanderwerk nahmen die Ursachen für die schwankenden Messergebnisse schließlich im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes genauer unter die Lupe. Auf Basis dieser Untersuchungen sollten eine Messsonde sowie ein Prozess-Interface zur Walzenpresse entwickelt werden. Für eine grundlegende Prozesssimulation der Walzenkompaktierung zogen sie außerdem die Expertise der Technischen Universität Hamburg (TUHH) hinzu.

Als wichtigstes kritisches Qualitätsattribut identifizierten die Projektpartner die Partikelgrößenverteilung (PGV) des Granulats. Die Aufgabe von Parsum war es deshalb, ein Instrument für die Inline-Messung zu entwickeln, welches die PGV repräsentativ und in Echtzeit ermittelt, ohne größere Eingriffe in den Prozess oder die Maschinenkonstruktion vorzunehmen. Um aussagekräftige Daten als Basis für die Prozesssteuerung zu gewinnen, musste ein geeignetes „Prozess-Interface“ für die Parsum-Sonde entwickelt werden. Weiterhin kam es darauf an, den bisherigen Standardmessbereich nach unten zu erweitern, sodass auch der Feinanteil exakt gemessen werden kann.

Der Messort ist entscheidend

Für die Abbildung von Prozessänderungen ist es wichtig, eine differenzierte Auswertung der gemessenen Daten vorzunehmen. Es reicht nicht aus, wie bei anderen Prozessen mit „normaler“ PGV nur den Median der Partikelgröße (x50) zu betrachten – entscheidend ist bei diesem Prozess vielmehr das Verhältnis von Fein- und Granulatanteil. „Im regulären Betrieb schwankt dieses Verhältnis allerdings“, erklärt Dietrich. „Der Feinanteil passiert unregelmäßig den Auslass der Maschine und führt auf diese Weise zu Messschwankungen.“ Besonders wichtig zur repräsentativen Probennahme ist daher die Positionierung der Messsonde: Abhängig davon, wo und wie diese unterhalb des Granuliersiebs positioniert wird, bestehen eklatante Unterschiede beim Verhältnis zwischen Fein- und Granulatanteil. Um ein optimales Verfahren für eine möglichst repräsentative Probe zu entwickeln, wurden vier unterschiedliche Ansätze geprüft. Dazu wurden unter anderem mehrere Testreihen durchgeführt, in denen zeitgleich Proben an 40 verschiedenen Positionen unter dem Granuliersieb genommen und analysiert wurden. Das daraus entwickelte Verfahren zur repräsentativen Inline-Probennahme wurde Anfang 2021 zum Patent angemeldet.

Auch die geringe Partikelgröße stellte eine Herausforderung dar: Damit diese kontinuierlich inline bestimmt werden kann, entwickelte Parsum speziell für den Einsatz in Walzenpressen eine PAT-Messsonde mit nach unten erweitertem Messbereich sowie spezielle Inline-Dispergierer, mit denen sich auch Partikel im Größenbereich von 20 – 2.000 µm zuverlässig vereinzeln und damit stabil messen lassen.

Diagnose-Tool zur vollständigen Überwachung relevanter Prozessparameter in Echtzeit

Auf Basis zahlreicher Testreihen und Optimierungen bei der Messtechnik konnte schließlich eine marktreife Walzenpresse zur Trockengranulierung mit integriertem Diagnose-Tool entwickelt werden. Damit für die Qualitätssicherung keine manuellen Stichproben mehr entnommen und offline analysiert werden müssen, sondern alle Messungen und Analysen bereits inline und in Echtzeit durchführbar sind, wurde die Partikelmesssonde an einem dafür strategisch günstigen Ort in der Walzenpresse platziert. Dennoch achtete die Alexanderwerk GmbH bei der Integration auf eine platzsparende Bauweise, sodass sich die Walzenpresse im Vergleich zu Vorgängermodellen nicht vergrößert. Es werden lediglich 100 mm Bauhöhe mehr am Auslass der Walzenpresse benötigt, um die Messsonde mit Dispergiertechnik zu installieren.

„In der Maschinensteuerung werden alle relevanten Maschinenparameter, wie Presskraft, Walzenspalt und Walzendrehzahl, zusammengeführt und die Ist- und Soll-Werte aufgezeichnet und abgeglichen. Darüber hinaus wird jetzt auch die komplette PGV gemessen und erfasst. Die Kennwerte werden sowohl in Echtzeit grafisch aufbereitet als auch im Batch-Protokoll gespeichert“, berichtet Weidemann. Durch die so ermöglichte Online-Überwachung kann die Anlage bei größeren Abweichungen oder bei Überschreiten vorab bestimmter Grenzwerte frühzeitig gestoppt und in der Folge unnötiger und kostspieliger Materialverlust verhindert werden. Darüber hinaus lassen sich die Inline-Messdaten für eine direkte Freigabe einer produzierten Charge für den nächsten Verarbeitungsschritt nutzen.

Ausblick

Nach Abschluss der ersten Phase des Forschungsprojekts ist nun eine marktreife Lösung entstanden, die zukünftig als Option für die WP120 Pharma Walzenpresse der Alexanderwerk GmbH angeboten werden kann und auch für andere Einsatzgebiete adaptiert werden soll. Für die Kooperationspartner ist das Projekt jedoch noch nicht abgeschlossen, denn die Entwicklung der Walzenpresse mit Inline-Messsonde stellt nur einen Teilschritt auf dem Weg zum vollständig geregelten Prozess im Sinne eines effizienten Continuous Manufacturing dar. Geplant ist bereits eine Auswertung in Echtzeit der inline gemessenen PGV, um über eine Populationsmassenbilanz Rückschlüsse auf die Schülpendichte und deren Qualität zu ziehen. Eine solche Auswertung kann genutzt werden, um – falls notwendig – über einen Regelkreis in den Kompaktierprozess einzugreifen, und so eine noch konstantere Qualität der produzierten Granulate zu erreichen. „Damit hält Industrie 4.0 immer mehr Einzug in die Prozesstechnik und erlaubt eine kontinuierliche, kosteneffiziente und fehlerfreie Fertigung“, so Weidemann abschließend.



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